Hydraulische Berechnung

Der Transport von Wärme in flüssigen Medien ist durch das Strömungsverhalten ein komplexer Vorgang, der nicht einfach zu berechnen ist. Insbesondere in Nahwärmenetzen sind Übertragungsverluste nicht zu vernachlässigen. Für einzelne Übertragungsleitungen kann mit energyPRO das hydraulische Verhalten modelliert und ökonomisch bewertet werden.

Wenn neue Erzeuger in ein Nahwärmenetz eingebunden werden sollen, werden meist mehrere Standorte zusammengeschlossen oder wenn Abwärmequellen für Wärmepumpen erschlossen werden, werden entsprechende Übertragungsleitungen notwendig. Eine optimierte Auslegung in der Planung erfolgt dazu über verschiedene physikalische Parameter. Das Material und der Rohrdurchmesser entscheiden über die Übertragungskapazität, die Wärmeverluste sowie den Pumpenaufwand zur Druckerhaltung. Im Idealfall wird dafür ein wirtschaftliches Optimum berechnet, das all diese Parameter berücksichtigt. Größere Hersteller von Nahwärmenetz-Leitungen unterstützen diesen Prozess in der Regel und liefern eine gute Grundlage zur Vorauslegung der Übertragungsleitungen in ihren Produktdatenblättern. Da die eigenen Rahmenbedingungen allerdings stets individuell sind, ist hierzu eine detaillierte individuelle Auslegung von Vorteil. Bisher konnte mit dem REGION Modul von energyPRO eine Übertragung von Wärme, Prozesswärme oder Kälte zwischen Standorten von Nahwärmenetzen modelliert und über pauschale Kapazitäten der Leitung und feste Verluste der Übertragung spezifiziert werden. Seit der Version 4.8 von 2022 können die Übertragungsleitungen nun detaillierter abgebildet werden, um das hydraulische Verhalten in den Rohren zu modellieren. Wenn ausgewählt, berechnet energyPRO je nach angegebenen Leitungseigenschaften die passenden Kapazitäten, Übertragungsverluste sowie Druckverluste mit der korrespondierenden notwendigen Pumpenarbeit. Eine Einteilung nach Temperaturzonen erlaubt außerdem einen Überblick über die unterschiedlichen Verhältnisse an den Standorten, die durch jeweilige minimale Vor- und Rücklauftemperaturen definiert werden. In Kombination mit COMPARE oder INTERFACE können dann mit energyPRO Varianten mit unterschiedlichen Übertragungsleitungen technoökonomisch miteinander verglichen und ein entsprechendes Optimum identifiziert werden.

Ein Anwendungsfall dieser Funktion ist beispielsweise die Errichtung eines neuen Solarthermiefreiflächenanlage zur Unterstützung eines bestehendes Nahwärmenetzes. Häufig liegen Heizzentrale und die nutzbare Freifläche bei solchen Vorhaben nicht direkt nebeneinander und es muss entsprechend auch eine Übertragungsleitung zwischen diesen zwei Standorten geplant werden.
Dabei ist nun von Interesse, welche Art der Leitung das beste Preis/Leistungs-Verhältnis liefert, also wie groß sie sein muss, um ausreichend Übertragungskapazität bei möglichst geringen Verlusten zu liefern und von welcher Pumpenarbeit man bei der Übertragung ausgehen muss. Weitere Fragestellungen können sein, ob sich die Einbindung eines Speichers am neuen Standort gegenüber der Planung einer größeren Übertragungsleitung rechnen kann. Für Machbarkeitsstudien oder Transformationspläne neuer oder bestehender Nahwärmenetze ist es beim Aufbau verschiedener Versorgungsvarianten von großem Vorteil, wenn man dazu bereits in der Vorplanung passende Größenordnungen bestimmt hat.

Weitere Anwendungsfälle sind beispielsweise die Einbindung von industrieller Abwärme in ein Nahwärmenetz, die von einem Gewebegebiet in die Innenstadt geleitet werden muss. Auch denkbar sind Pendelleitungen zwischen zwei Teilnetzen oder auch in die Verbindung zweier Fabrikhallen, deren jeweilige Produktionsprozesse wärme- oder kälteseitig gekoppelt werden sollen.

Hydraulische Berechnung in energyPRO

In energyPRO sind entsprechend einige Eingangsparameter zu definieren, mit denen die Übertragungen dann für jeden Zeitschritt berechnet werden können. Die Länge der Übertragung und die Bodentemperatur sind in der Regel aus den Rahmenbedingungen des Nahwrärmenetzes heraus definiert, Rohrrauigkeit und spezifischer Wärmeverlust ergeben sich aus den Materialeigenschaften der gewünschten Übertragungsleitungen (PEX, Stahl, …). Die Parameter max. Geschwindigkeit und max. Druckgefälle sind als kapazitätsbegrenzende Größen zu verstehen, die anhand des Strömungsverhaltens und der Lärmentwicklung zusammenhängen und in der Regel durch den Rohrdurchmesser definiert sind. Diese Daten sind in Herstellerdatenblättern zu finden. In einer ersten Auslegung kann hierfür auch auf Faustwerte zurückgegriffen werden. Der Durchmesser kann schließlich als die Größe genutzt werden, die für das wirtschaftliche Optimum variiert werden kann.
Auch eine Variation von Material und Dämmung ist in diesem Modell möglich, sofern die entsprechenden Parameter bekannt und die jeweiligen Kosten hinterlegt sind.

Die Auswertung der modellierten Parameter kann als zusätzliche grafische Darstellung direkt in energyPRO vorgenommen werden, wobei neben der Übertragung selbst auch Pumpenarbeit, Strömungsgeschwindigkeit, Druckgradient & -verlust sowie der Volumenstrom dargestellt werden. Auch die jährlichen Wärmeverluste in den Nahwärmenetzen werden automatisch berechnet und können analog aus den Ergebnissen zur Analyse entnommen werden.

 

Insgesamt bietet die hydraulische Berechnung mit dem REGIONS-Modul ein gutes Werkzeug, mit dem sich Übertragungen in energyPRO detailliert modellieren lassen, was die Entscheidungsfindung hinsichtlich der eingesetzten Leitungen in Nahwärmenetzen wesentlich erleichtern kann.
Für weitere Informationen zu der Thematik können Sie gerne den Guide dazu lesen, das Projektbeispiel nachvollziehen, oder sich von unserem Video inspirieren lassen:

Video: Hydraulische Berechnung in energyPRO